Vögel in Not?

Nachdem uns - wie auch in den Jahren zuvor - im Winter viele Kohlmeisen regelmäßig am Futterplatz im Garten unserer Wohnanlage besuchten, waren wir Bewohner gespannt, ob es den Vögeln gelingen wird, ihre Nachkommen auch in diesem Jahr groß zu bekommen.
Deshalb freuten wir uns nun im Frühling auf die jungen Kohlmeisen im Garten vor dem Haus.

Es klappte: ein Kohlmeisenpärchen suchte unseren Nistkasten an der alten Birke zur Aufzucht seiner Brut auf. Fleißig flogen die Altvögel ein und aus. Es dauerte nicht lange, da hörte man die Jungen im Kasten piepsen, wenn die Eltern angeschwirrt kamen.

Eines Tages jedoch saß ein großer schwarzer Kater auf dem Dach des Nistkastens und schaute lauernd und begehrlich auf das Einflugloch.
Er ließ sich von diesem „Ansitz“ weder durch das Gezeter der Alt-Meisen noch anderer Vögel vertreiben. Wir Menschen unternahmen es schließlich, das beharrliche Katzentier wiederholt zu verscheuchen, bis es entnervt aufgab.

Am 22. Mai 2009 beobachtete meine Nachbarin dann den anfangs noch unbeholfenen Ausflug der jungen Kohlmeisen. Die saßen dann noch ein paar Tage in den nahen Gebüschen, piepsten und ließen sich weiter füttern. Gut, dass der Kater nicht mehr auf Lauer lag – wahrscheinlich war er inzwischen auf Brautschau …
Alle Hausbewohner freuten sich über diesen gelungenem Start in´s neue Vogelleben!

Wir stellen bei dieser Gelegenheit beim diensttäglichen Kartenspiel aber auch fest, dass es offenbar immer weniger Singvögel in der Umgebung gibt. Dafür aber vermehren sich Elstern, Eichelhäher und natürlich auch die herumstreunenden Katzen.
Als wir vor Jahren hier in die Arbeitersamariterbund-Siedlung in Neue Mühle einzogen, waren (meinen wir) noch viel mehr Vogelarten vorhanden.
Wo sind unsere Schwalben? Alles freute sich, wenn sie uns bei der Ankunft durch ihr fröhliches Gezwitscher begrüßten.
Auch die große Schar der Stare sieht man kaum noch. Und wo sind die Spatzen?
Auch die Krähen haben ihren Schlafbaum im Park gegenüber verlassen. Da war früher abends oft ein unruhiges Treiben in den alten Eichen und Pappeln, ehe die großen schwarz-grauen Vögel zur Ruhe kamen. Oftmals habe ich das alles durch mein Fernglas beobachtet.
Wie schön war es, wenn ich in lauen Sommerabenden Staren oder Nachtigallen vom Balkon aus zuhören konnte, und wenn eine Amsel der anderen im entfernten Garten antwortete, bis es immer leiser und dunkler wurde …

Was ist passiert?
Der Klimawandel? Die Bodenversiegelung? Der Chemieeinsatz? Das erbarmungslose Laubharken unter den Gebüschen oder stereotype Rasenmähen durch geistig herausgeforderte Menschen? Eine jähe Zunahme der Beutegreifer und Nestplünderer? Bloße Einbildung nach den Motto: „früher war eh’ alles besser?“

Mein Sohn, der Förster, kann mir keine exakte Antwort darauf geben. Also habe ich mir vorgenommen, mal die Vogelexpertin Gisela Deckert zu konsultieren – ich will es wissen, schon um diese Geschichte fortsetzen zu können!



Lydia Radestock, im Mai 2009

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