Unruhe in der Walnussbaum-Krone
Als ich kürzlich am frühen Morgen aus dem Fenster sah, bemerkte ich eine
starke Bewegung im vor 8 Jahren selbstgepflanzten Walnussbaum neben meinem
Blumenbeet.
Was war dort los?
Ein Eichkater hüpfte kreuz und quer durch die Baumkrone – mit dem Ergebnis,
dass reife aufgeplatzte Nüsse für ihn herunter fielen.
Dann erntete er am Boden das Ergebnis seiner Bemühungen. Jedenfalls konnte
ich beobachten, wie er jeweils mit einer großen Nuss im Maul immer wieder in
Nachbar‘s hohe Gartenhecke „eintauchte“.
Als ich laut rief: „Was machst Du mit meinen Nüssen?“, da war er schnell im
dichten Laub des nächsten Baumes entschwunden.
Eine Woche später kam ein zweiter Eichkater dazu.
Gemeinsam und dabei bissel streitend holten sie nun alle reifen Nüsse
herunter.
Bei dem Gerangel, (denn jeder dieser kleinen roten „Kater“ wollte von den
wohlschmeckenden Früchten etwas ab bekommen), haben sie die letzte Frucht
unter ein eingerolltes Blatt geschoben und vergessen.
Oder wollten sie mir wenigstens diese eine Nuss lassen? Wer weiß …
Habt ihr gewusst, wie schlau es diese Tiere anstellen, um an ihre Nahrung zu
kommen?
Ihr Ziel ist natürlich, auf diese Weise einen Vorrat für die kommende kalte
Jahreszeit zu „hamstern“. Davon wollen sie naschen, wenn sie, in ihren
Kobeln der Winterruhe pflegend, vor Hunger wach werden. Denn der
„Winterspeck“, den sie sich jetzt im Herbst außerdem noch anfressen, hält
nicht die ganze Zeit vor.
Deshalb legen Eichhörnchen sich - meist am Erdboden - im Umkreis um ihre
Kobel (das sind aus Ästen geflochtene kugelige Nester in den Baumkronen) mit
Nüssen, Beeren … gefüllte kleine Verstecke an und versuchen dabei anhand
bestimmter Merkmale, sich diese Standorte einzuprägen.
Wenn dann aber Schnee fällt, ist das Wiederfinden offenbar gar nicht so
einfach – die Folge ist rings um unser Haus: an der Hecke und im nahen Park
wachsen schon einige kleine Nussbäumchen als Ableger des meinigen, die nur
dorthin gelangt sein können, weil die Eichkater Pech hatten oder ganz
einfach vergesslich waren.
Damit sorgen die Tiere unfreiwillig für die Nachzucht der Bäume in der
freien Natur: Pflanzen, deren Samen für den Windtransport zu schwer sind,
haben sich tierische Verbreiter gesucht. Und Mutter Natur hat außerdem dafür
gesorgt, dass jeder der Partner von dem Handel profitiert - einige Samen
werden gleich bzw. später durch die „Verstecker“ oder „Mitesser“
(Wildschweine, Dachse, Mäuse …) gefressen, andere dürfen keimen.
Ich habe beobachtet: so machen es die Eichhörnchen und Eichelhäher auch mit
den Eicheln neben dem Forsthaus Frauensee, in dem mein Sohn mit seiner
Familie wohnt.
Die Zernsdorfer Straße nebenan ist leider ein vielbefahrener Zufahrtsweg zur
Autobahn.
Wie mir meine Nachbarn erzählten, werden hier jedes Jahr Eichhörnchen
überfahren.
Mögen meine beiden Eichkater also nunmehr dick und rund werden, ihre
Nussverstecke wiederfinden und von den Benzinfressern verschont bleiben –
ich drücke ihnen die Daumen!
Lydia Radestock, im September 2012 |