Spinne am Abend...

Es begann schon dämmerig zu werden, aber ich saß noch immer im Forsthausgarten, um nach den vielen Regentagen einen schönen Sommerabend zu genießen. Durch Einreiben mit einem Mückenschutzmittel war es mir möglich, unbelästigt und solange es noch hell war die Umgebung zu beobachten.
Nachdem ein wildernder Kater am Vortage zwei Amselnester mit dritten Bruten ausgeraubt hatte und die Amselmütter, die ich sonst beobachten konnte, deshalb nun keine Würmer mehr im Garten suchten, sah ich eine Weile den Mäusen in der Benjeshecke zu. Fast lautlos huschten sie durch den Garten; bei jedem Geräusch verschwanden sie immer wieder in ihrem Loch in der Erde.
Im kleinem Gartenteich nebenan saßen ganz leise quakend friedlich nebeneinander die zwei großen grünen Frösche auf ihrem Schönwettersitzblock. Ich hoffte, dass sie mir mit ihrer Quakerei endlich schöneres Wetter verkünden wollten. Plötzlich bemerkte ich, wie eine große Kreuzspinne am Wipfel des Wacholders damit begann, ein Netz zu weben. Durch den noch blauen windstillen Abendhimmel konnte ich genau sehen, wie sie sich zuerst an einem Faden von oben abseilte und begann, an anderen Enden des stacheligen Strauches ihr Netz zu befestigen. Unermüdlich lief sie dann auf ihren seidigen feinen Fäden hoch und runter, herüber und hinüber, um das Fangnetz zu weben. Zwischendurch ruhte sie sich auch aus. Noch am gleichen Abend konnte ich das fertige Netz bewundern und die Spinne in Lauerstellung, auf Beute warten sehen.

Lydia Radestock, im August 2002

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