Ohrenkneifer legt Wetterstation lahm!
Seit
einiger Zeit sorgt mir eine EUROCROM-Radio-Wetterstation für die
Wettervorhersage. Derzeit behauptet sie aber stur: Sonnenschein, und
lügt damit offensichtlich - wo doch der Sommer so verregnet ist!
Vor einigen Tagen bat ich meinen Enkel, doch einmal nach der Ursache
dieses Fehlers zu sehen.
Da gab es eine Überraschung für uns: In das kleine Außenteil an der
Südseite der Hauswand hatten sich Ohrenkneifer verirrt und ganz
offensichtlich die Irritation der Maschine verursacht.
Genauso erwies es sich dann bei meinem alten Thermometer an der
Nordwand. Auch dort waren solche sogar zwei „Ohrenzwicker“ versteckt.
Ich habe diese kleinen Gesellen als Kind zunächst gefürchtet und später
eher mit Nichtachtung gestraft.
Nun war mir der technische Fehler einmal Anlass, im Internet Näheres
über sie nachzulesen:
Ohrenkneifer gehören zu den Insekten, die unter den vielfältigsten Namen
bekannt sind und deren Tun am häufigsten falsch eingeschätzt wird. Ob
als Ohrwurm, Ohrenzwicker, Ohrschlupfer, Ohrenfitzler oder Ohrenwuseler
- sie wurden verdächtigt, nachts in menschliche Ohren einzudringen und
das Trommelfell durchzubeißen.
Diese schaurige Geschichte ist allein auf die Tatsache zurückzuführen,
dass im Altertum zerriebene Tiere dieser Arten als Medizin gegen
Ohrenkrankheiten verwendet wurden. Von den weltweit vorkommenden etwa
1.500 Arten leben in unserer Region ganze 7.
Alle sind für den Menschen völlig ungefährlich und harmlos; die
Wissenschaft streitet lediglich darüber, ob man sie als Nützlinge
einzustufen hat oder nicht.
Dass sie uns Menschen so wenig Vertrauen erweckend erscheinen, liegt an
den am Hinterleib befindlichen Zangen, die sie zur Jagd, zur
Verteidigung und bei der Begattung einsetzen.
Die Ohrenkneifer sind nachtaktiv, während sie sich tagsüber in dunklen
Verstecken aufhalten. Dadurch kommt es häufiger vor, dass am Morgen
versteckte Tiere in zum Trocknen gehängter Wäsche oder unter
abgestellten Gegenständen auf Balkon oder Terrasse zu finden sind. Auf
diese oder ähnliche Weise gelangen sie dann manchmal als ungebetene
Gäste auch in die Wohnung.
Überall dort, wo sie vermehrt ungebeten auftreten, gibt es eine wirksame
Empfehlung: Stopft man einen Blumentopf oder ähnliches Gefäß mit
Holzwolle oder einem zusammen gebauschten Tuch aus und stellt dieses
leicht angekippt mit der Öffnung nach unten in die Krabbelzonen der
Ohrenkneifer, dann kann man am nächsten Morgen das Gefäß samt Inhalt
nach draußen tragen und die störenden Insekten - womöglich in der Nähe
lästiger Blattläuse - in die Freiheit entsorgen.
Na also: Feine Viecher!
In unserer Gartenanlage sind in diesem Jahr übrigens besonders viele
dieser nützlichen Tiere vorhanden. Was können sie dafür, wenn sie mit
der neuen Technik nicht zurechtkommen – sie waren schließlich vorher da!
Inzwischen habe ich mich entschlossen, mich wieder an meinem 50 Jahre
alten, in Jena hergestellten Chronometer zu orientieren.
Ich muss ihn zwar per Hand jeden Tag nachstellen, aber wenigstens
funktioniert er.
Und die Moral von der Geschichte: Wenn die Technik zu kompliziert (und
der Mensch zu überheblich) wird, schlägt die Natur zurück!
Lydia Radestock, im August 2008 |