Krötenbaby-Wanderung in Neue Mühle
Dieser Tage beschäftigt mich an unserer Senioren-Wohnanlage des
Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Neue Mühle ein ganz besonderes
Ereignis: Eine Massenwanderung von Erdkrötenbabys hat eingesetzt.
Es begann mit einem Wetterumschwung: Nachdem etlichen schwül-heißen
sonnigen Tagen folgte eine Regenwoche – ein Schauer jagte den anderen.
Als wir Bewohner am Nachmittag des 5. Juli zum gewohnten Romme-Spiel in
unseren im Keller gelegenen Klubraum gingen, erlebten wir eine große
Überraschung. Auf dem Fußboden der Terrasse hüpften unzählige winzige,
dunkle bis goldfarbene Kröten herum, und immer wieder kamen neue über die
Treppenstufen (die Terrasse liegt tiefer als der Garten) herunter
gesprungen. Sie drangen bei geöffneter Terrassentür sofort zu uns in das
Haus herein.
Auch im ganzen Gartengelände und bis zur Zernsdorfer Straße hinaus
wimmelte es von diesen offenbar aus den nahen Parkteichen kommenden
Tierchen. Es waren Tausende und Abertausende. Etlichen gelang es trotz des
Autoverkehrs in die auf der anderen Straßenseite liegenden Gärten zu
gelangen.
Ich erzählte gleich meinem Sohn, dem Förster, von dieser „Invasion“ - er
hatte sich den Erdkröten 1994 bereits einmal ausführlich in einem seiner
„Waldboten“ gewidmet. Er riet mir, mich dazu mit Lurchexpertin Birgit Springsguth vom Amt für Forstwirtschaft Wünsdorf abzustimmen.
Sie besuchte mich am gleichen Abend. Wir besprachen, welche
Rettungsmaßnahmen nun geschehen müssten, und unternahmen gleich den ersten
Schritt: Krötensammeln!
Einen Pappkarton voller Krötenbabys, die sonst auf der Terrasse hätten
sterben müssen, nahm Frau Springsguth danach gleich mit, um die Tiere an
geeigneter Stelle wieder auszusetzen. In den folgenden Tagen habe ich das
dann am Haus des Waldes (Gräbendorf) und Umgebung auch selbst getan -
eimerweise. Dafür haben sich dort auch die Waldschulkinder interessiert.
Im vergangenen Frühling waren freilich wie immer Froschkonzerte und auch
das charakteristische Piepsen der Erdkröten zu hören, und das Wasser der
Teiche und des Sees war zwischen den Schilfstengeln voller Laich. Aber
einen solchen Krötenzug hatte ich denn nun doch nicht erwartet, und auch
im Vorjahr, als ich hier einzog, nicht erlebt.
Es war ganz eigenartig: Diese Tiere pilgerten als relativ schmaler
Wanderzug schnurstracks nach Norden - alle in eine Richtung, über unsere
Anlage hinweg und dann zum Hoftor hinaus, durch die gegenüberliegenden
Gärten und immer weiter und weiter. Ihr Ziel habe ich noch nicht entdecken
können, will aber nachforschen.
Wahrscheinlich stehen unsere Häuser (wie auch vorher die abgerissene alte
Schule) auf einer uralten „Krötenstraße“! Ich habe mich gestern mit einer
Nachbarin unterhalten, die schon länger als ich hier wohnt. Sie erzählte
mir, dass es im zeitigen Frühjahr auch eine umgekehrte Wanderung gibt: Die
erwachsenen Tiere kommen von Norden und sammeln sich zur Paarung an den
Teichen im Park. Es sind aber manchmal mehr, manchmal weniger – und bei
besonders auffälligen „Kröten-Zügen“ habe man auch schon mal die Autos auf
der Straße angehalten, um die Tiere passieren zu lassen.
Nun habe ich meine Nachbarn, das Grünflächenamt und den ASB gebeten, die
notwendige Rettungs- und Vorsorgeaktion (im nächsten Jahr „Krötenzaun“
aufstellen, Absammeln und Umsetzen von „Todeskandidaten“, Zurückstellen
der Rasenmahd ...) zu unterstützen.
Ich bin sicher, dass wir den Tieren wirksam helfen können, und freue mich
auch auf die Internetpost, wenn diese Geschichte jetzt unter
www.oma-im-netz.de erscheint.
Lydia Radestock, im Juli 2005 |