Der Fischreiher vom Tonteich
Schon das zweite Jahr über beobachte ich bei meinen Spaziergängen im Park
neben unserer Wohnsiedlung in Neue Mühle einen Fischreiher. Es ist ein
wohl fast metergroßer Vogel mit grauem Federkleid und langem gelblichen
Schnabel.
Stundenlang sitzt dieses Tier auf dem überhängenden Ast
eines der Parkbäume am Teichufer und lauert auf einen vorbeischwimmenden
Fisch. Manchmal steht es auch direkt am Ufer oder sitzt auf einem
Bootsrand. Und irgendwann ist es soweit: Blitzartig stößt es auf seine
Beute herab und fliegt anschließend mit ihr davon, um sie zu verzehren.
Ich kann mir vorstellen, dass der Reiher dadurch bei den Teichbesitzern
und Anglern nicht gerade beliebt ist. Dennoch tut ihm keiner etwas Böses.
Fühlt sich der wartende Vogel freilich durch Parkbesucher gestört, fliegt
er mit laut klatschendem Flügelschlag davon.
Ich kenne die Reiher von meinen Wanderungen aus dem heimatlichen
Schlaubetal bei Eisenhüttenstadt bisher als Vögel, die in großen Kolonien
wohnen. Aus welcher Großfamilie mag wohl mein einsamer „Tonteich-Reiher“
stammen? Eine größere Reiheransammlung im benachbarten Königs
Wusterhausener Tiergarten ist mir jedenfalls nicht bekannt.
Als
ich meinem Sohn, dem Förster, von der Beobachtung in „Klein Venedig“
berichtete, erzählte er mir noch mehr über diese Tierart: Dass man die
Vögel besser Graureiher nennen sollte, um sie nicht als Schädlinge zu
diffamieren - warum die Berliner manchmal vom Reihern sprechen, wenn sie
brechen meinen - dass in der Nähe seines Forsthauses am Frauensee auf den
uralten Dubrow-Eichen bis Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts
eine riesige, uralte, weithin bekannte Reiherkolonie existierte - warum
die Reiher winters als Strichvögel umherziehen - dass diese großen Vögel
derzeit immer mehr „verstädtern“ - man die Tiere im Flug und Stand am
gebogenen Hals von den ähnlich aussehenden, etwas größeren Kranichen
unterscheiden kann ...
Er meinte, ich hätte ihn nun angeregt, auch über dieses Tier einmal einen
seiner „Waldboten“ zu schreiben.
Achten Sie doch bei Ihren Spaziergängen an See oder Teich einmal auf diese
grauen Gesellen. Sie sind gar nicht mehr so selten anzutreffen. Und
schreiben Sie mir Ihre Beobachtungen:
lydiaradestock@gmx.de
Lydia Radestock, im Oktober 2005 |