Das rote Eichhörnchen und die
graue Invasion
Bei uns in der Umgebung hat ein
junger Eichkater seinen Kobel in einem großen alten Baum des
Nachbargartens auf der anderen Straßenseite.
Wie ich von meinem Schlafzimmerfenster aus den ganzen Herbst über sehen
konnte, überquert er oft blitzartig die Straße und holt sich Früchte von
meinem Walnussbaum.
Wenn keine reifen Nüsse unter dem Baum liegen, hüpft er solange im Geäst
des Baumes herum, bis einige Früchte herunter gefallen sind.
Er vergräbt sie dann als Wintervorrat unter Sträuchern im Garten.
Ich habe kürzlich in der Zeitung gelesen:
die roten Eichhörnchen sind bei uns in Europa in Gefahr geraten,
auszusterben. Und das kommt so:
Von England aus breitet sich derzeit das ursprünglich aus Amerika
stammende, wenig scheue Grauhörnchen aus, welches unsere etwas kleineren
roten Eichhörnchen gefährdet.
Dieses neue Hörnchen ist dem unseren körperlich überlegen und überträgt
Krankheiten auf unsere roten Nager, gegen die es selber immun ist.
Der englische Thronfolger Prinz Charles zum Beispiel möchte deshalb das
einheimische Eichhörnchen in seiner Heimat durch ein Gesetz schützen,
dem zufolge der graue Unruhestifter abgeschossen oder vergiftet werden
darf. Er hat sich damit nicht beliebt gemacht.
Jedenfalls wird in England inzwischen zum Verzehr der Grauhörnchen
aufgerufen - sie werden nun in Restaurants angeboten, von Fernsehköchen
öffentlich zubereitet ...
Von meinen Sohn, dem Förster, erfuhr ich zu dem Thema noch folgendes:
Das Grauhörnchen wurde schon vor über 100 Jahren in England ausgesetzt.
Es ist heute nur eine von vielen Arten, die sich (oft im Gefolge der
Globalisierung) derzeit an Orten ausbreiten, wo sie nicht hingehören,
und dabei Schaden stiften.
Das geschieht in diesem Fall nicht nur durch Verdrängung der roten
Hörnchen, sondern auch durch Schädigung von Eichen- und Buchenwäldern
(Grauhörnchen schälen die Rinde von jungen Bäumen) sowie der heimischen
Singvogelpopulation durch Nahrungskonkurrenz.
In Brandenburg ist das Grauhörnchen aber noch nicht sehr verbreitet
anzutreffen, was mit dem gegenüber England oder Frankreich
kontinentalerem Klima und dem Überwiegen von Kiefernwäldern zu tun haben
könnte.
Drücken wir unseren roten Eichkater von nebenan also die Daumen – möge
er weder von einem Auto überfahren noch von Grauhörnchen behelligt
werden!
Lydia und Hans Radestock, im November 2014 |