Blesshuhn-Tragödie

Seit dem zeitigen Frühling 2004 beobachtete ich auf dem Wasser des Teiches an unserer Wohnanlage ein einsames Blesshuhn. Es ist ein Hähnchen - schwarzes Federkleid mit kleinem weißen Federschopf am Vorderkopf.

Anfang April hatte dieser Blesshahn eine Partnerin gefunden. Nun kamen sie immer zu zweit angeschwommen, wenn ich am Wasser spazieren ging. Eines Tages streute ich ihnen etwas Vogelfutter und einige Brotkrümel ans Ufer. Da ich immer leise zu ihnen sprach und dazu noch pfiff, gewöhnten sie sich wohl an mich. Meist kam allerdings nur das Hähnchen und begrüßt mich laut krächzend, wenn es heran war. Bis aus der äußersten Ecke des Gewässers kam es paddelnd angeschwommen, um sich das Futter zu holen!

Das Hühnchen hatte ein Nest im nahen Schilf; ich sah nur manchmal seinen Kopf hervorgucken. Einmal schwamm er zum Nest und machte sich bemerkbar, damit sie sich auch Futter von mir holen konnte. In der Zwischenzeit setzte er sich auf das Gelege, denn ich nehme an, dass sie brütet. Als sie satt war, schwamm sie zurück und löste ihn wieder ab.

Ich gab ihnen nicht zuviel Futter, und das wenige streute ich immer an eine bestimmte Stelle am Ufer, um das Wasser nicht zu verschmutzen. Dann setzte ich mich auf die Bank und beobachte, während ich mich ausruhte. Dabei hatte ich noch ein herrliches Vogelkonzert zur Begleitung.

Am 9. Mai gab es eine Überraschung für mich: Das Hühnchen kam mit vier kleinen Küken angeschwommen. Sie hatten rote Flaumhaarköpfchen und gelbe Körper mit braunen Flügelchen.
Die Jungen konnten kaum zwei Tage alt sein. Der Vater schwamm hinterher.

Die Eltern holten sich dann wie immer die Semmelkrümel oder kleinen Körnchen, und die Küken nahmen sich diese Nahrung aus den elterlichen Schnäbeln. Das war ein Gepiepse!

Am nächsten Tag kamen gar sechs kleine Küken angeschwommen. Am 15. Mai erschienen dann allerdings nur noch zwei Küken, und als ich am 17. Mai zum Wasser kam, musste ich sehr lange pfeifen, bis endlich das Hühnchen ganz allein anpaddelte.
Ich war sehr traurig darüber, denn diese kleine Familie hat mir viel Freude bereitet. Wer war wohl der Blesshuhn-Räuber?


Lydia Radestock, Im Mai 2004

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