Romme mit Heino
Kürzlich trafen wir Seniorinnen der Betreutes-Wohnen-Anlage von Neue Mühle
uns wie jeden Donnerstag im Klubraum vom Haus Nr 15 zum Romme-Spiel.
Mit „Hallo“ wurde ich von den Frauen unserer kleinen Gruppe begrüßt. Sie
saßen schon alle an der gedeckten Kaffeetafel. „Komm nur heran“, sagte Frau
Schulz, „es gibt heute etwas Besonderes“.
Wie üblich wollte ich meinen Euro abgeben. Da meinte sie : „Es ist umsonst,
ich spendiere!“. Schon hatte sie mir meine Tasse mit Kaffee gefüllt. Gleich
bekam ich auch von meiner Nachbarin die Milch dazu gereicht.
Dann wurde der Kuchen, welcher mitten auf dem Tisch stand, betrachtet, und
jeder Teilnehmerin ein Stück auf ihren Teller gelegt. Es war „Heinos
Nusstorte“, die wir denn auch mit Genuss verzehrten. Alle waren von dem
guten Geschmack des Gebäcks begeistert Dazu war dieser Kuchen auch noch
preiswert, was es heute ja selten gibt.
Angesichts des auf der Packung abgebildeten Heino (unverwechselbar wegen der
dunklen Sonnenbrille!) kam unser Gespräch natürlich auch auf den bekannten
Volksmusik-Interpreten. Dass er, wie die Aufschrift verriet, auch noch gut
backen kann, begeisterte uns noch mehr für ihn.
Heino-Lieder: Plötzlich fiel einer jeden von uns ein anderes Volkslied, das
wir in unserer Jugend gesungen haben, oder eine Episode dazu ein. „Wisst Ihr
noch ...“, hieß es immer wieder.
Mit seinen Liedern hat der - in den Medien und von den Rock & Pop -
Anhängern leider oft verhöhnte - Heino uns Älteren stets viel Freude
bereitet, weil er einfach gut singt und uns mit seine Liedern natürlich auch
an unsere Jugendzeit erinnert.
Schalte ich hingegen heute das Radio ein oder besuche (selten genug) eine
Veranstaltung mit Musik und Tanz, bin ich oft weniger zufrieden mit dem
gebotenen Liedgut. Drei Dinge missfallen mir besonders: Die Musik ist vor
allem bassbetont, meist ohrenbetäubend laut (irgendwann dürfte der Gang zum
Ohrenarzt für viele unvermeidlich sein; ich wage die Aussage, dass es den
Hörgeräte-Firmen gut gehen wird)) und fast ausschließlich mit englischem
Text versehen.
Mir ist, als ob diese für mich unerfreulichen Trends - beginnend in den
späten 60ern - schon jahrzehntelang anhalten und sich derzeit Jahr für Jahr
verstärken. Da es aber den meisten anderen Menschen, besonders der jüngeren,
so zu gefallen scheint (sonst würden die Musik-Anbieter ja mal reagieren),
ist mein Eindruck wahrscheinlich nur der Tatsache geschuldet, dass ich eben
nun mal älter werde und mich wohl nicht mehr vom Musikempfinden meiner
Jugend, auf das ich geprägt wurde, zu verabschieden vermag.
Traurig ist nur, dass die heutige Musikmode offensichtlich dazu beiträgt,
dass immer weniger Menschen selbst singen können oder wollen (woher denn
auch den Text nehmen, wenn die Muttersprache verpönt ist!), sondern Musik
oft nur noch konsumieren. Meine Lebenserfahrung sagt mir: Das ist nicht gut
für das Miteinander, Verstehen, Fröhlichsein ... der Leute. Denn an dem
Spruch „Wo man singt, da lass Dich nieder – böse Menschen haben keine
Lieder“ ist ja wohl viel Wahres!
Mit „seinem“ Kuchen hat uns der „Mann mit der Sonnenbrille“ jedenfalls viel
Freude bereitet, auch wenn das Rommespiel fast in den Hintergrund getreten
ist. Wir haben nur bedauert, daß wir keine CD von ihm dabei hatten - dann
wäre der Nachmittag noch angenehmer geworden, denn wir hätten alle
mitgesungen.
So wollen wir uns denn allesamt für diese doppelte Freude beim Heino ganz
herzlich bedanken und rufen ihm als treue Fans (jetzt geht’s bei mir auch
schon los mit dem Englisch!) zu: „Durchhalten“.
Und was die Musiktrends betrifft: Vielleicht erlebe ich es ja noch, dass es
mal wieder anders kommt. Wenn es dann soweit ist, ladet mich bitte zum
Mitsingen ein!
Lydia Radestock, im Juli 2004
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