Klaus hat einen Stich!

Kati und Stephan Fabig aus Geraberg hatte sich bei Radestocks im Forsthaus kürzlich zu einem Wochenende angemeldet.
Gemeinsam wollten sie einige Paddel- und Segel-Tage verbringen und verabredeten sich dazu mit dem erfahrenen Segelmeister, Binnen-Seebär und „Hobby-Kap-Hoorner“ Frank Wolf und seiner Freundin Monika Nemeth am Schwielochsee nahe Beeskow.

Der erste Tag brachte eine ausgedehnte Paddeltour auf geliehenen Booten, die auch in die romantische „Alte Spree“ führte.
Dort kehrte man dann um die Mittagszeit in einer direkt am Wasser gelegenen Gaststätte ein. Klaus sagte mir, dass sie „Zum dreckigen Fischer“ hieß, aber ich denke, er hat mich veralbert. So würde sich doch niemand nennen, weil er ja riskierte, die Gäste zu vergraulen. Oder sollte es ein kultiges Markenzeichen sein?



Beim Verlassen der Schiffe gab es schon erste Schwierigkeiten, weil die Leihboote auf Kinder zugeschnittene Sitze bzw. Mini-Ein- und Ausstiege hatten. Besonders der (voll)schlanke Stephan Fabig litt dabei Not und konnte nur mit einem Büchsenöffner-Trick aus der Luke gehievt werden. Schließlich aber kam er – elegant wie ein Sektkorken aus der Flasche und mit einem lauten Befreiungs-Schrei & Riesensatz auf den schwimmenden Steg gehechtet. Leider ist das aber wiederum dem Steg nicht gut bekommen ...
Ich muss hier wiederum annehmen, dass mein Sohn bei seiner Erzählung arg übertrieben hat, wie das so seine Art ist. Ein dokumentarischer Beweis (Foto) von der Aktion liegt jedenfalls nicht vor. Außerdem soll er sich - bei der Murmel, die auch er sich inzwischen angefuttert hat - lieber an die eigene Nase fassen: Ich denke mir, er hat sich bei dieser Gelegenheit auch ganz mühsam rauswälzen müssen.

Dann saßen die sechs Freunde eine ganze Weile auf der sonnigen Terrasse der Gaststätte. Sie ließen es sich bei Speis’ und Trank gut gehen, freuten sich des Lebens und erinnerte sich an frühere gemeinsame Urlaubserlebnisse.

Klaus hatte gerade einen Spruch zur Sprache gebracht, den er in der Kombüse vom (dreckigen?) Fischer aufgeschnappt hatte. Der ging so:

Pillen-Risiko
Bei Risiken oder Nebenwirkungen
fressen Sie die Packungsbeilage und
erschlagen Ihren Arzt oder Apotheker.

Zwischendurch wollte er schnell einmal einen Schluck aus seinem Bierglas nehmen. Er hatte den berüchtigten Neuzeller Schwarzen Abt bestellt, der entgegen des in ganz Deutschland seit Jahrhunderten geltenden Reinheitsgebots auch mit Zucker (oder Honig?) gebraut wird und deshalb wohl auch nach erbittertem Rechtsstreit weiterhin nicht offiziell als Bier bezeichnet werden darf.
Wie Ihr gleich lesen werdet, hat das wohl seinen Grund - daraus kann man mal wieder sehen, was wir für kluge Gesetzgeber haben, die u.a. voraussahen, wie gefährlich süßes Bier werden kann.

Nach dem Trinken sagte er zum Erstaunen Aller einige Zeit gar nichts mehr. Das waren seine Freunde aber von ihm gewöhnt und dachten für sich: Denkt er mal wieder an seine Arbeit (wie fast immer)! Als er dann den Mund wieder öffnete, kam nur ein Lallen:
Leudä – misch at ainä Wespä in Zungä g’stochä (oder so ähnlich).

Obwohl die drei Frauen beim (dreckigen?) Fischer sofort Eiswürfel holten und dem Klaus in den Mund stopften, hatte seine Zunge nach einer Weile die Größe und Farbe einer mittelschweren Blutapfelsine.

Nach einer kurzen Mitleids-Phase und nachdem klar war, dass er überlebt, hat der Klaus dann in der Folge eine Menge blöde Bemerkungen aushalten müssen – auch anrüchige, seine Frau betreffende, die er mir aber nicht erzählen wollte.

Klaus hat die weitere - und im Übrigen sehr schöne - Paddeltour leise vor sich hin lallend tapfer mitgemacht, beim Schwimmen fleißig mundgespült ... und konnte dann am Abend wieder normal reden.

Ich denke, die Geschichte hätte bei einem Stich in den Hals auch anders ausgehen können – da hat man schon schlimme Dinge gehört. Bloß gut, dass mein Sohn ein offenbar jeden Schluck (Bier) auf eventuell enthaltene Fremdkörper sorgfältig absuchender Gelegenheitstrinker und kein wüster Schluckspecht oder Saufaus ist!

Da fällt mir noch ein: Vor über 40 Jahren wurden bei einem Spaziergang in Eisenhüttenstadt Klaus’ Schwester Petra von 13 und ich von 11 Wespen an Kopf und Brust gestochen. Es wird halt in der Familie liegen ...

Die Klaus-Wespe wurde übrigens nach dem Stich zur Strecke gebracht – das hat sie nun davon!

Lydia Radestock, im August 2008

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