Jörg wird 30 - Oma gratuliert
Am 25. August 1977 um die Mittagszeit Uhr erblickte Jörg als erstes Kind der
Gräbendorfer Radestocks im Krankenhaus von Königs Wusterhausen das Licht der
Welt - mit einem „Storchenbiss“ auf der Stirn.
Seine Wiege (eigentlich ein leinenumhülltes Körbchen mit „Dach“) stand dann
ein paar Tage später im ungeheizten Elternschlafzimmer im Forsthaus am
Frauensee. Kein Wunder, dass er heute so ein durchtrainierter harter Bursche
ist!
Der Papa lauschte des Nachts fasziniert auf das Atmen des kleinen Wesens
nebenan – es war für ihn wie ein Wunder.
Gebrüll gab es dagegen kaum, und wenn: Vergessen, unwichtig – Hauptsache
gesund!
Bald lernte Jörg die ersten Worte sprechen: Da-da-da (wie der bekannte
Schlager!), Ma-ma ...
Er war ein guter Esser – nur Spinat mochte er nicht. So manches Mal
sprudelte er alles wieder von sich in Richtung Mama. Der Papa machte sich
zum Ärger von Beate später oft darüber lustig und forderte seinen Sohn
provozierend zu einem brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr ... heraus. Der Junge hat das
schnell gelernt – es funktionierte dann aber weiter, wenn der Papa, was viel
zu selten passierte, auch mal fütterte. Typisches Eigentor!
Heute isst Jörg übrigens Spinat sehr gern.
Im Kinderwagen wurde er von Mama und Oma dann im Wald spazieren gefahren;
manchmal waren sie auch gemeinsam mit Ute Böttcher aus dem Dorf samt ihrem
Sohn Björn, mit dem Jörg später oft spielte, unterwegs (Björn war sein
erster richtiger Kumpel – sie waren gleichaltrig).
Einmal mussten sie sich dabei allesamt vor einer Rotte Wildschweine schnell
hinter einem Baum verstecken.
Die Kinderwagen (leer) blieben den Schweinen zur Beute, hat sie aber nicht
besonders interessiert.
Als Jörg laufen konnte, erkundete er zuerst die Wohnung (den Gewölbekeller
fand er besonders spannend) und den Forsthausgarten, dann die nähere
Umgebung: Stall mit Hühnern und Pferden, Hof mit Nachbardackel Felix,
Streuobstwiese, Wald ...
Dabei kroch er auch mal in Nachbar Handkes Hühnerbuchte hinterher war das
Geschrei groß: Wegen der Hühnerflöhe wurde Jörg samt Sachen in der Badewanne
„entkeimt“.
Mit 3 Jahren war Jörg einmal verschwunden. Die Eltern dachten erst, er hat
sich versteckt und kichert sich eins, denn das hat er gern mit ihnen
gemacht. Aber nein, er war diesmal wirklich weg.
Als erstes wurde der nahegelegene Wassergraben abgesucht, und dann eilten
die Eltern zu den 200 m von ihnen entfernt am Feldrand wohnenden Ringewalds.
Leider waren die Nachbarn nicht zu Hause, aber diese Spur war heiß: Die
Fahnder fanden dort einen Schuh vom Sohn!
Jörg ist, als er die Nachbarskinder nicht antraf, schnurstracks über das
ganze riesige Feld bis zu den einen Kilometer entfernten ersten Häusern von
Gräbendorf gelaufen. Dort spielte er auf einem Kieshaufen neben einem
Betonmischer (gut, dass die Zementsäcke verschlossen waren). Mama und Papa
hatte er noch nicht vermisst, und wunderte sich über die Aufregung.
Jörg liebte jegliches Kleingetier. Die grünlich buntschillernden Rosenkäfer,
blauglänzenden Mistkäfer und knubbligen Schnecken in ihren bunten Häusern,
aber auch Heuhüpfer, Regenwürmer, vielbeinige Asseln und Kreuzspinnen in
ihren Radnetzen hatten es ihm besonders angetan.
Die Schneckenhäuser brachte er in Mengen in der Hosentasche mit ins Haus.
Wenn man nicht aufpasste, fielen sie der Waschmaschine zum Opfer, was
besonders tragisch war, wenn die Tiere noch drin steckten.
Auch die Beobachtung von Kaulquappen im Weckglas fand er schon als Kleinkind
spannend.
Im Kindergarten hieß mein Enkel dann übrigens bezeichnenderweise einige
Jahre lang „Käfer-Jörg“. Das war nicht der schlechteste Spitzname! Es wurde
auch von den Erzieherinnen gebraucht – schon wegen der Verwechslungsgefahr,
weil es dort in dieser Zeit noch einen anderen kleinen Jörg gab.
Bei seinem Freund Nicki Ringewald in der Nachbarschaft fiel er mit 4 Jahren
einmal in die offene Jauchengrube - sie haben dort Angeln gespielt, obwohl
sie ja eigentlich hätten wissen müssen, dass das an dieser Stelle nichts
bringt. Der 2 Jahre ältere Nicki hat ihn glücklicherweise gleich rausgezogen
und Frau Ringewald steckte ihn dann in eine Badewanne. Der Jauchegeruch
haftete trotz des Waschens noch eine Zeit an seinem Körper. Heute ist die
Sache aber wohl erledigt.
Oft hatten die Kinder beim Spielen Tierkontakte, die den Eltern wegen der
Tollwutgefahr große Sorgen bereiteten - besonders die vielen Füchse machten
Probleme, aber auch die Stromerkatzen. Da gab es für Jörg häufig Aufklärung
über diese gefährliche Krankheit: Man darf keine zutraulichen Tiere im Wald
berühren – nicht anfassen, nur gucken!
Sein Freund Nicki hatte die Ermahnungen einmal vergessen und wurde im Wald
von einem Eichhörnchen gebissen, weil er es streicheln wollte. Die
„Gegengiftspritzen“ in den Bauch waren für ihn dann sehr schmerzhaft,
erzählte er später.
Als 1980 Bruder Hans geboren wurde, war Jörg zuerst etwas eifersüchtig. Dann
wollte er - durch das Baby ermutigt - nun auch wieder sein Fläschchen und
den Nuckel haben; zusätzlich zu seinen Lieblingsplüschtieren Entchen und
Brummel, ohne die er niemals einschlafen konnte.
Weil der Hans natürlich erst viel zu klein dazu war, durfte Jörg zu Beginn
noch nicht mit ihm spielen und musste auch still sein, wenn das Baby
schlafen sollte.
Später war es dann gemeinsam umso schöner: Besonders in der Adventszeit und
an den übrigen dunklen Winterabenden wurde im Wohnzimmer gemeinsam mit der
Eisenbahn gespielt oder mit Bauklötzern gebaut – oft Riesentürme und Burgen.
Auch mit dem Papa in der Wohnstube auf der Matte turnen, auf Händen laufen
oder Hechtrolle und Handstand-Überschlag üben machte großen Spaß.
Die ganze Wohnung diente oft dem Versteckspiel mit Papa. Auch mit
Einweckgummis haben sie sich manchmal im Treppenhaus beschossen und gelernt,
wie man damit Fliegen erlegt.
Oma Radestock war um diese Zeit zuständig für die ersten Geheimnisse und
kleinen Sorgen der Jungen. Sie konnte doch auch immer etwas Spannendes
erzählen oder aus einem Buch vorlesen.
Die meiste Zeit verbrachten Jörg und Bruder Hans in der warmen Jahreszeit
natürlich im Forsthausgarten. Auf die Bäume klettern war für sie einfach
herrlich - im Garten an der großen Linde half dazu noch ein dickes
Strickseil zum Festhalten, damit man schneller rauf kam. Der Vers „Auf die
Bäume, ihr Affen, der Wald wird gefegt ...“ wird wohl auf ähnliche Weise
entstanden sein. Wie schön war auch (und ist immer noch) die an der Linde
befestigte Strickschaukel mit dem Querbalken, an der man so herrlich durch
die Luft fliegen kann!
Aber auch die kleinere Schaukel an dem durch Papa gebauten Kletter- und
Reckstangen-Turm hatte es in sich – hier konnte man prima Weitspringen üben,
bis hin zum Sandkasten hinein. Wenn der dann, wie es oft geschah, mit Wasser
gefüllt wurde, machte das ganz besonderen Spaß.
Als beide Jungs zum ersten Mal im Garten zelteten, fiel das ganze Zelt über
ihnen zusammen, weil sie es nicht richtig aufgebaut hatten.
Später fand es Jörg toll (und stiftete auch Bruder Hans dazu an), im Wald
auf Baumbuden oder in Erdbunkern zu übernachten - sogar eine elektrische
Leitung und ein Telefonkabel wurden mal gelegt, damit man Licht hatte.
Natürlich wurden dazu auch Mamas Sofakissen und Wolldecken in die Gelasse
geschmuggelt, damit man schön weich sitzen oder liegen konnte, um heimlich
spannende Bücher zu lesen. Nur mit den Mücken hatten die Helden nicht
gerechnet ...
Natürlich gab es zwischen den Geschwistern auch Wettfahrten auf den sandigen
Wegen rund ums Forsthaus – erst auf dem Dreirad, dann per Roller, dann
schließlich mit den Fahrrädern oder sogar (als die Jungs schwimmen konnten)
mit Flößen auf dem Frauensee.
Sogar die Oma Radestock und die 90-jährige Tante Frieda aus Berlin mussten
mal am Probesegeln teilnehmen, wie alte Fotos beweisen. Fiel man ins Wasser
(die Omas blieben davon verschont!), diente ein riesiger alter
Trecker-Gummireifen als „Ersatz-Schiff“.
Im Herbst ging Jörg mit Mama und Oma von klein auf Pilze sammeln – er war
ehrgeizig und wollte immer den ersten Pilz finden. Die roten mit den weißen
Punkten gefielen ihm leider ganz besonders.
Später dann natürlich in dieser Zeit auch Drachensteigen angesagt – oft
gemeinsam mit Kowals (und später auch Wilbrandts) aus Berlin und per
selbstgebasteltem Luft-Vehilkel, mit dem man weit rennen musste, aber selten
steigen konnte. Der Freude tat das keinen Abbruch!
Im Winter stand oft Schlittschuhlaufen auf dem zugefrorenem Frauensee auf
dem Programm - dazu manchmal noch ein kleines Lagerfeuer mit Freunden.
Lustig waren auch die Schneeballschlachten oder Schlitten- und Skitouren.
Manchmal fuhr der Rodel sogar an den Trabant angehängt!
Das schönste Wintererlebnis war jedoch immer bei Fabigs mit deren Kindern
Heidi und Vera (und später Peter) in Geraberg, wo keine Hügel, sondern
richtig hohe Berge lockten, die per Ski oder Rodel bezwungen werden wollten.
Im Kindergarten in Gräbendorf hatte Jörg zeitweise Probleme mit einer
partei- und linientreuen 100%-tigen Erzieherin, die immer wissen wollte, wie
bei ihm zu Hause das Sandmännchen aussieht. Ob er es ihr erzählt hat? Das
wäre dann vielleicht ein Fall für die Stasi gewesen.
Aber natürlich wurde bei Radestocks vor der Tagesschau (für die Jörg aber
nicht zugelassen war) immer nur das Ost-Sandmännchen geschaut – das war ja
auch viel schöner!
Die Oma Radestock nähte deshalb damals für den Platz über den Kinderbetten
einen großen Wandbehang – darauf war eine Lok zu sehen, in der saß der (Ost)Sandmann,
zwei Waggons für Fuchs und Elster waren auch noch angehängt.
Jörgs erster Schultag in Gräbendorf hatte für ihn eine riesige Bedeutung
(jetzt bin ich groß und ein Schulkind!), und er war sehr stolz auf seine
Riesen-Zuckertüte. Es war wirklich der 1. Platz im heimlichen
Tüten-Wettbewerb, allerdings eine Mogelpackung, weil die Eltern die Spitze
mit Papier ausgestopft hatten.
Die ersten beiden Jahre in der winzigen Dorfschule waren wahrhaft idyllisch
– nur 7 Klassenkameraden, davon 1 Mädchen! Dann wurde die Schule aufgelöst,
und der Ernst des Schüler-Lebens und des realsozialistischen Bildungssystems
hatte auch ihn erwischt.
Wie herrlich waren auch Jörgs Kindergeburtstage mit Bruder Hans, den
Nachbarskindern Nicki und Yvonne sowie Freunden aus dem Dorf: Es gab dann:
Sackhüpfen, Wettrennen, Versteckspiel, Baumklettern, Haschen, Bogenschießen,
Topfschlagen – alles von Papa organisiert.
Dazu fand oft noch Kasperltheater mit Oma Radestock und Oma Ringewald statt.
Die Mama hatte für alle immer eine besondere Leckerei (bezahlt mit mühsam
ergatterten Forumschecks im Intershop); sogar Eis gab es öfter. Und Oma
Radestock brachte dazu von ihren Fahrten in den Westen (sie durfte, weil
Invalidenrentnerin!) mitunter Haribo-Bären, Kaugummi, Duplo, Prinzenrolle
... mit.
Später wurde in Sachen Spaß und Freizeit dann (leider) das Nintendo-Spiel am
Fernseher Mode - sogar Freunde aus dem Dorf kamen manchmal dazu, sodass die
Jungs dicht an dicht auf dem Teppich vor der Glotze lagen.
Das gefiel auch Cousin Hannes aus Dresden, der mit seinen Eltern manchmal zu
Besuch im Forsthaus war. Jörg und Hans sind nicht immer zart mit ihm
umgegangen; er ist ja etwas jünger und konnte erst nicht so wild mithalten,
taute aber bald auf.
Wenn umgekehrt Jörg und Hans nach Dresden zu Besuch kamen, hieß es bei
Hannes immer: Die Popel-Eier kommen! Das Wort entstand, weil jemand von den
Eltern beim allgemeinen In-der-Nase-bohren eines Tages sagte: „Schluss mit
der Popelei!“
Jörg versteht sich seitdem sehr gut mit Hannes und hat später mit ihm und
Oma Radestock einige Autofahrten unternommen; besonders interessant waren
die Fahrten zu Onkel Hans nach und in München - da konnten beide Jungs die
großen technischen Museen bewundern, im Tiergarten herum spazieren und vom
Fernsehturm bis auf die Alpen schauen.
1987 bekam die Familie Radestock wieder Zuwachs: Tochter Maria wurde am 22.
Februar geboren. Das war aufregend - bei dichtem Nebel wurde die Mama vom
Papa nach Königs Wusterhausen zur Entbindung gefahren. Damit aber alle in
das wichtige Ereignis einbezogen waren und niemand daheim fiebern musste,
stiegen auch noch die Oma und die beiden Jungs in den Trabant, und auf den
Dachgepäckträger wurden zwei Rodel-Ersatzkonstruktionen gepackt.
Dann ging’s erst mal nach Senzig zum Rodelhang, einer der wenigen dazu
geeigneten Hügel in dieser platten Landschaft. Hier wurden die drei
Mitfahrer „abgeworfen“ – die Jungs haben sich dann zwei Stunden lang im
Nassschnee gewälzt und die Nasen erfroren – sie wollten nicht mit der Oma
ins nahegelegene Kaffee, weil sie das zurückkehrende Auto mit der frohen
Botschaft „Endlich ein Mädchen“ nicht verpassen wollten.
Kurze Zeit später konnten sie die kleine Schwester dann auch daheim sehen
und anfassen und mal ganz vorsichtig halten ...
Sie haben sich sehr gefreut, aber natürlich durften sie jetzt nicht gleich
so laut herumtoben, wie sie es sonst gewöhnt waren. Pst, pst, Maria schläft,
hieß es nun oft.
Um diese Zeit, mit 10 Jahren, war Jörg mit seinem Bruder Hans das erste Mal
allein in Berlin. Prompt kamen die beiden mit dem letzten Bus nicht zurück
die Aufregung der Eltern war groß. Sie dachten, die beiden hätten den Bus
verpasst, und fuhren ihnen mit dem Auto entgegen, trafen sie aber auf der
Chaussee nicht an. Da war die Aufregung noch größer! Schließlich trafen die
Jungs gegen 23.00 Uhr ein; sie waren quer durch den Wald gelaufen, weil
ihnen das ungefährlicher erschien als die Straße entlang zu gehen.
Jörg war von klein auf ein großer Tierfreund (ich sagte es schon und
erinnere bloß an die Sache mit den Schnecken in den Taschen!).
Später kamen viele Haustiere hinzu: Mit weißen Mäusen hat es angefangen
(sogar Springmäuse waren dabei), etliche Hamster wurden gehalten (hier kam
er nach seinem Vater Klaus), Wellensittiche, ein Papagei, Meerschweine,
Kaninchen ...
Seit Ende der 1980er sind Degus seine Lieblinge - sogar eine Zucht hat er
mit ihnen angefangen. Im Winter sind sie im Keller untergebracht und im
Sommer haben sie einen großen Käfig im Garten vom Haus des Waldes.
Wie traurig war unser Jörg, als er mit den Eltern aus dem Urlaub kam und ein
Marder inzwischen 13 Meerschweinchen tot gebissen hatte, die er und Hans in
einem großen Freilaufgehege unter den 3 Lärchen im Hof des Forsthauses
hielten. Schlimm war es für Oma Radestock, weil sie die Pflege über die
Tiere übernommen hatte. Dabei hatten wir in dieser Zeit noch ein
Gast-Angora-Meerschweinchen von Doreen Brämick aus Eisenhüttenstadt, welches
zum Glück mit zwei anderen Tieren überlebt hatte.
Oft hat Jörg auch verletzte oder anderweitig hilfsbedürftige Tiere mit
aufgepäppelt. Besonders die vielen Radestockschen Eichelhäher, die alle
Felix hießen (nach dem Nachbardackel), hatten es ihm angetan.
Derzeit ist er übrigens ein begabter Mäusefänger, welcher die Tiere (100
werden es in diesem Jahr in Keller oder Küche schon sein) allerdings
grundsätzlich nur lebend fängt und dann im Garten wieder laufen lässt,
worauf sie anschließend prompt am nächsten Tag wieder im Haus sind.
Auch die übrige Natur hat es ihm angetan - um jeden Baum, der im Garten oder
Umland gefällt werden muss, kämpft er energisch und pflanzt auch vieles neu
an. Die Weiden im „Rössel-Wäldchen“ etwa – gemeinsam mit gleichnamigen
Berliner Freunden gesteckt – sind jetzt z.T. schon dicker als der Jörg.
Die Natur verschaffte ihm auch ein erstes kleines Einkommen: In seiner
Kindheit und Jugend hat er sich sein Taschengeld mit dem Sammeln von
Saatguteicheln sowie dem Verkauf junger Meerschweine, Hamster, Mäuse ... aus
eigener Zucht und dem Absatz von Kletterpflanzen (Wilder Wein, den er in
Töpfen heranzog) verdient.
Ein anderes Hobby war seine Sammelleidenschaft: Kiefernzapfen,
Schneckenhäuser, Bauklötzer, Streichholzschachteln, Murmeln aus Glas - Ton -
Stahl, Abziehbilder, Briefmarken, Spielzeugautos, Digedag- und
Mickimaus-Hefte - alles wurde gesammelt, inventarisiert und gehortet.
Derzeit sind es DVDs mit guten Filmen und Hörspielen, Computerzeitschriften
...
All die Schätze sind nun (sein Zimmer ist ja nur winzig) über Flure, Boden,
Keller und Schuppen verteilt. Weggeworfen werden darf nichts. Es ist deshalb
kein Wunder, dass Radestocks sich nicht umzuziehen trauen und nun schon seit
33 Jahren in diesem Forsthaus wohnen müssen!
Zur Jugendweihe, die als Baumfest gefeiert wurde, bekam er von Opa Pollack
eine erste Bartrasur im Garten, denn jetzt war er doch kein Kind mehr und
sollte damit in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen werden. Es war aber
noch gar kein Bart dran!
Dann ging es zum Ulmenpflanzen hinter das Haus (der Baum ist jetzt schon
riesig), und nach der anschließenden Wanderung durch die Dubrow trug er am
Eisvogel-Steilufer eine selbstgeschriebene Naturschutz-Geschichte vor.
„Mutter Erde“ hatte ihn damit als Partner aufgenommen.
Um sich im Notfall zu verteidigen können und weil es Spaß machte, wollte er
in dieser Zeit auch Judo lernen, und später Karate. Zum Üben erhielt er vom
Papa außerdem zwei Eisenhanteln, um Muskeln zu bekommen. So hielt er sich
sportlich-kräftig, was sich bis heute auszahlt.
.
Jörg ist ein guter Schachspieler. Schon mit 6 Jahren hat er dieses Spiel vom
Papa gelernt - seine Hauptschachpartner sind in den letzten Jahren der
Dresdner Pollack-Opa und sein Bruder Hans (der Profi).
Nach dem Abitur war Jörg ein Jahr lang als Zivi „Krankenfahrer" an der
Fontaneklinik Motzen (weil er so gern Auto fährt) und absolvierte dann eine
Lehre als Computerkaufmann. Dann ging’s zum Studium an der Fachhochschule
Wildau.
Die Wirtschaftsinformatik führte ihn kürzlich sogar zu einem längerem
Praktikum nach China. Dort wird er bald auch seine Diplomarbeit schreiben
...
Das alles dauert und dauert, aber: Was lange dauert, wird schließlich doch
gut!
Damals, er war 18, übernahm er auch den Clio von den Eltern und machte viele
Fahrten mit Freundin und Freunden – bis hinunter nach Gibraltar. Nach
300.000 km musste dann ein anderes Auto her. Diesmal ein gebrauchter Toyota,
mit dem er u.a. Reisen durch die ganze Türkei unternahm.
Auch mit Oma Radestock machte er in dieser Zeit manchen Ausflug: Helgoland,
München Schneekoppe ... Wenn er mit Oma unterwegs war, wurde bei jedem „Mc
Donalds" eine kurze Rast gemacht: Ohne Cola ging es nicht weiter, die
schmeckte auch nur bei oder von Mc Donalds. Von weitem erkannte er immer
schon das bucklige gelbe M-Zeichen am Straßenrand.
Seine weiteste Fahrt mit Oma Radestock unternahm Jörg im August 1997 aber
ohne Auto - über den Atlantik ging es mit Hindernissen und mehrmaligem
Umsteigen nach Aztec in Neu Mexico (USA). Dort wurden die Weltreisenden von
Omas Cousine Christel, ihrem Mann Frank und einem großen Dobermann erwartet.
Der erste Computer der Familie in den frühen 1990ern wurde von Jörg schnell
in Beschlag genommen – davon war er fasziniert. Bald wurde die Anlage
vereinnahmt, ausgeweitet, umgebaut und aufgestockt.
Schließlich wurde Oma Radestock mit folgendem Argument auch zu so einem
Gerät überredet: „Na Oma, wie sieht es aus, willst du nicht lieber mit einem
Computer statt mit der Schreibmaschine arbeiten? Ich überlasse Dir mein
altes Gerät, es funktioniert noch sehr gut - mir ist es aber zu langsam; der
Neue kostet aber leider viel Geld ...“.
Die Oma hat es jedoch nicht bereut, denn der Jörg hat sie dann rasch als
„Computeroma" aufgebaut und mit ihrer Internetseite www.oma-im-netz.de
deutschlandweit bekannt gemacht – beide waren damit sogar im Fernsehen.
So einfach war das in der Folge aber für die Oma doch nicht, denn sie
vergisst ja leider immer wieder, was sie eigentlich schon gelernt hat. Dann
benötigt sie halt Jörgs Hilfe, und kriegt sie auch, oft aber auch den Satz:
„Oma, das nächste Mal!“
Und dennoch: Computerprofi Jörg ist für die ganze Familie (Papa, Mama, Oma,
Bruder Hans und Schwester Maria) und viele Freunde des Hauses in Sachen
Umgang mit diesem vertrackten Medium unverzichtbar.
Sein bester „PC-Kumpel“ ist übrigens der Jon Kowal aus Berlin.
Wichtiger noch als der Computer war ihm freilich seine Freundin – viele
Jahre waren sie zusammen und haben sich dann doch eines Tages getrennt.
Seine Anja kann der Jörg jedoch bis heute nicht vergessen!
Dennoch: Weil Jörg klug, gesellig, witzig und ein guter Gesprächspartner
ist, hat er viele Freunde - die meisten aus Berlin. Sie alle werden ihn
heute besuchen; wird das ein Fest!
Sein Geburtstagswunsch an die Familie war ein Beitrag zur geplanten
Irlandreise mit Kumpels. Dazu reicht Oma Radestock ihm heute zusammen mit
dieser Geschichte noch einen größeren Geldschein rüber.
Und wünscht ihrem Enkel Gesundheit, Glück und Lebensfreude auf all seinen
Wegen!
Lydia Radestock, im August 2007 |