Der Rasenmähermann
An
einem schönen Augustsonnabend 2005 war mein Enkel Hans bei mir zu Besuch. Da
es an diesem Tag sehr heiß war und ich deshalb nicht weit laufen wollte,
erledigte er noch die Einkäufe im Penny Markt und beim Bäcker für mich.
Anschließend hat er für uns Nudeln mit Käse-Sahne-Soße gekocht - ein
leckeres Gericht.
Gegen 18.00 Uhr wollten wir auf dem Balkon unser Abendessen genießen.
Ringsum war es ruhig, und die Sonne schickte uns ihre Abendstrahlen hinter
der Birke hervor.
Doch da klang vom Nachbargrundstück das Knattern eines Rasenmähers herüber:
Der Nachbar hatte bei seiner Gartenarbeit Hilfe bekommen - ein junger Mann
beschnitt ihm seinen Rasen.
Wir amüsierten uns über die eigenartig klingenden Geräusche des Mähers; es
klang irgendwie defekt. Mein Enkel sagte: "Oma, pass auf, jetzt gibt der
alte Motor den Geist auf". Es war dann auch so, und eine ganze Weile wurde
offensichtlich repariert. Dann ging es weiter.
Plötzlich ertönte nebenan das Geschimpfe einer Frau. Es klang viel lauter
und noch misstönender als die Maschine. Sie beschwerte sich mit vielen
Worten über das späte Rasenmähen am Sonnabend.
Als sie endlich eine Pause machte, entschuldigte sich der junge Mann. Er
sagte: "Ich hatte versprochen hier zu helfen, und werde meine Arbeit gleich
beenden. Ich konnte leider nicht früher kommen". Die Frau ging, mit dieser
Antwort anscheinend zufrieden, nach Hause.
Ich bin der Meinung, wo ein guter Wille ist und man vernünftig miteinander
spricht, lässt sich auch mit den Nachbarn in Frieden leben. Immer mehr Leute
schaffen das aber derzeit nicht, gehen in solchen in solchen Fällen gleich
hoch. Sie attackieren einander manchmal nicht nur verbal, ziehen vor Gericht
... Ihnen fehlt es an Seelenfrieden, Güte, Gelassenheit, innerer Stärke, und
damit dann natürlich auch an der Fähigkeit zur Nächstenliebe.
Was ist bloß aus den sympathischen biederen Deutschen geworden?
Lydia Radestock, im August 2005 |